Es war gestern endlich ein Tag, an dem der Finger nicht bei jeder Erschütterung schmerzte. Mag auch damit zusammenhängen, das ich diese blöde Schiene durch Tape ersetzt habe. Ich habe also auch den gestrigen wieder die Möglichkeit für eine lange Tour genutzt, nach dem der Samstag ein aus vielen Gründen wirklich schöner Tag war, aber leider keine Zeit für Fahrradfahren liess. Denn ich war am Samstag nach langer Zeit wieder in meiner alten Heimat. Ich war in Oldenburg.

Die Stadt hat sich irgendwie verändert. Ich wohne da schon seit 23 Jahren nicht mehr, als ich bei Sun anfing, bin ich nach Hamburg gezogen. Ich war das letzte mal in der Innenstadt von Oldenburg, als man noch dankenswerterweise in einer glückseligen Unwissenheit lebte, was gegen Ende des Jahres passieren sollte. Als sich alles änderte. Als die Leute anfingen, Ignoranz als Standarte ihres Lebensstils vor sich herzutragen. In jenem Jahr 2019.

Mir ist die Stadt fremd geworden. Vieles heisst anders, zwar ist manches noch an Ort und Stelle, aber auch das ändert sich. Viel Leerstand. Der C&A in den mich meine Eltern öfters geschleppt haben, ist mittlerweile auch nicht mehr da.

Wahrscheinlich ist in ein paar Jahren an vielen Stellen wirklich nur noch die Erinnerung übrig. Eine Erinnerung die täuschen wird, denn es scheint mir auch hier, das mir früher alles grösser vorkam, wohlwissend, das die Proportionen sich nicht verändert haben und das die Dimensionen nur durch das Echo meiner Erinnerung in meiner Erinnerung gewachsen sind.

So bleibt in diesen Städten im Grunde genommen nur das was mir wirklich wichtig ist. Jene Menschen, die ich mit diesen Städten verbinde. Alles andere verliert nach und nach an Bedeutung.

This is a test

Wenn alles klappt und mein Workflow funktioniert, sollte dieser Text automatisch zwischen 12:00 und 12:05 erscheinen. Mal sehen, ob das klappt. Ich hatte dieses Wochenende so wenig Zeit, das alles durchzutesten. Ich hab den Text heute morgen commited. Und hoffe jetzt mal, das alles funktioniert.

Am Ende des Ganges

Teile dieses Artikel schreibe ich in einem Gang in einem Krankenhaus. Fast ganz am Ende. Kurz bevor der Gang endet und links und rechts in den Tiefen des weiteren Gebäudes verschwindet. Krankenhausgänge sind nicht gut für die Seele. Patienten, denen es schlecht geht, warten auf ihre Untersuchung. Da sitzt man dann dazwischen, und wartet. Ich bin hier nur ambulant. Lange Geschichte. Keine Sorge.

Ich hatte mein iPad mitgenommen, um ein wenig zu arbeiten, während ich warten musste. Das hat allerdings nicht so recht geklappt. Zu wenig Konzentration. Viele Zeilen für diesen Eintrag sind dabei auch nicht entstanden. Auch dafür zu wenig Konzentration.

Ich warte gerade darauf ins MRT gerufen zu werden. Ein Termin, um etwas zu prüfen. Gleich werde ich wieder in dieses Wunderwerk der Technik geschoben. Issac Asimov sagte mal, das jede hinreichend fortgeschrittene Technologie von Magie nicht zu unterscheiden ist. Und Bilder aus dem Tanz der Atome zu machen, in dem diese wieder in ihre eigene Bewegung verfallen, nachdem sie ein Magnete in perfekten Einklang gebracht hat. Ich verstehe leider viel zu viel davon, um es für Magie zu halten, was dort passiert, aber ich wünsche mir manchmal die Zeit als Kind zurück, als man noch diese Räume von Unwissenheit hatte, in denen Magie Platz fand.

Perfect moment in time

Auf dem Rückweg vom Termin gestern suchte ich nach Musik. Und da sah ich auf meinem Autoradio das, was mich auf den ersten Blick doch sehr an den Vault in der Apple+-Intepretation des Foundation-Zyklus erinnerte, auf dem zweiten Blick dann doch ganz anders aussieht. Es war das das Cover des neuen Albums einer Band, die ich so ein wenig am Rande verfolge.

Vor einigen Tagen ist ein neues Album von Kiasmos rausgekommen. Das Album heisst einfach „II“. Kiasmos ist die Zusammenarbeit von Ólafur Arnalds und Janus Rasmussen. Offiziell läuft das alles wohl unter dem Namen „Minimal Techno“. Mag sein. Schubladen sind ja gerade im Musikbereich so wichtig wie es scheint. Für mich gibt es nur vier Schubladen „Mag ich“, „Mag ich nicht“,„Hasse ich“ sowie „Guter Song, doch viel zu oft gespielt“. Wenn man es ganz genau nimmt, gibt es eine fünfte Schublade beschriftet mit „Der neunte Kreis der Hölle“. Da ist aber nur „Last Christmas“ von Wham! drin.

Das neue Album von Kiasmos ist definitiv in der Schublade „Mag ich“. Für mich ist es einfach gute Musik zum Gehirn treiben lassen.

Nordende Hamburg

Die Musik von Herrn Arnalds ist für mich vor allen Dingen die Erinnerung an einen perfekten Moment. 3.7.2022. Nun etwas über zwei Jahre her. In Hamburg, in der Elbphilharmonie, grosser Saal, später auf der Plaza ist dieses Photo entstanden, Solokonzert von Ólafur Arnalds. Es ist bis heute mein Bildschirmhintergrund … auf meinen privaten Notebook, auf meinen privaten Telefonen. In jenem Jahr gab es einen perfekten Moment und eine perfekte Zeit. Und das Konzert war der perfekte Moment.

Und nun hat dieser Musiker zusammen mit jemand anderes ein neues Album herausgebracht. Nun … es lässt sich hervorragend zu dieser Musik fahren. Mit dem Auto hab ich das gestern ausprobiert. Mit dem Fahrrad sehr bald. Denke ich.

Bardowick

Aber zurück zur Fahrt von Sonntag: Einer der nordwestlichen Vororte von Lüneburg ist Bardowick. Ich finde das Verhältnis von Lüneburg und Bardowick ja schon seit dem ich hier wohne ein wenig merkwürdig.

Ist halt nen Vorort …. viel hat hier mit der Landwirtschaft zu tun. Üblicherweise fahre ich einmal in der Woche nach Bardowick, um dort Kartoffeln für meine Eltern und mich zu kaufen. Direkt beim Bauern und deutlich preisgünstiger. Meine recht eckige Methode Kartoffeln zu schälen ist ganz schön teuer. Um das halbwegs bezahlbar zu machen, muss ich halt sehen, woher man preisgünstigere Kartoffeln bekommt.

Möhren räkeln sich in Bardowick auf Schildern und weisen auf die feilgebotenen Gemüse eines Bauern hin. Jeder Bauer scheint hier seinen Milchautomaten und das Gartenhäuschen mit Vertrauenskasse zu haben, um am Lebensmittelhandel vorbei zu verkaufen. Ich bin mir sicher, das irgendwann diese Vertrauenskassen verboten werden, weil sich Vertrauen nicht digital signieren lässt.

Also Bardowick. Das wirklich merkwürdige an Bardowick ist nicht mal die Bardowicker Gesäßhuldigung. Mooning ist halt keine Erfindung der Neuzeit. Auf jeden Fall wurde Heinrich dem Löwen diese Ehre zu teil. Wer sich wundert, warum am Schweriner Denkmal für Heinrich ein nackter Hintern zu sehen ist … das kommt aus Bardowick.

Die Huldigung hat dann am Ende doch ein wenig mit der Merkwürdigkeit zu tun. Denn ungestraft lief das doch nicht ab. Aber es ist nicht die Merkwürdigkeit an sich.

Bardowick ist einer der ältesten Orte in Niedersachsen. Es war einmal eine Art Wirtschaftsmetropole, ein sehr wichtiger Ort an der Grenze zwischen dem Franken- und Sachsenreich.

Man merkt das beispielsweise daran, das Bardowick über einen ausgewachsenen Dom verfügt. Und das finde ich sehr merkwürdig. Man sagt ja manchmal Domstadt. Hier trifft es dann wohl Domdorf. Wobei: Der selbst gewählte name ist: Domflecken.

Nordende Dom zu Bardowick

Und genau dieser Dom irritiert mich immer noch, wenn ich daran vorbei fahre. Man sieht ihn sogar von der A39. Ich hoffe, das liesst jetzt niemand aus Bardowick, aber der Dom ist nicht nur in seinem Bauort merkwürdig, er sieht auch noch merkwürdig aus. Man würde ja normalerweise an einem Dom hohe Kirchtürme erwarten. Etwas was dem Begriff Dom ein wenig Nachdruck gibt. Aber nee. Die Türme sind relativ kurz. Gehen kaum übers Hauptdach.

Nordende Türme

Das macht so auf mich den Eindruck, als wäre das so im Projektkickoff gelaufen:
Bauherr: „Wir brauchen einen Dom! So mit zwei Kirchtürmen. Richtig gross“
Architekt:“Kein Problem, kostet dich X Taler“
Bauherr: „Wir sind zwar reich, aber nicht so reich.“
Architekt: „Wie wäre es mit einem total tollen Turm?“
Bauherr: „Nee, zwei Türme hätten wir schon gerne.“
Architekt: „Hmm …. dann müssen wir die Türme kleiner bauen. Nur halb so hoch. Sieht aber komisch aus. Kostet etwas weniger. Ist keine Dom-Best-Practice“
Bauherr: „Aber zwei Türme!“
Architekt: „Unterschreibt ihr mir, das ihr das so wolltet“

So wie der Dom da heute steht, mag das irgendwie nicht so recht zusammenpassen. Zumindestens meinem ästhetischem Empfinden nach.

Hier hat man dann also einen nicht ganz so kleinen Vorort, einer mittlerweile doch recht grossen Stadt. Auch wenn die Orte aneinander wachsen und es teilweise wie ein Stadt wirkt, ist Lüneburg noch keine Großstadt. Die Agglomeration ist 120.000 Einwohner gross. Aber Orte wie Adendorf, Bardowick wollen nicht Teil der Stadt werden. So bleibt es bei 78000 Einwohnern für Lüneburg.

Wenn man dann durch diesen Vorort fährt, hat man den Eindruck der Ort besteht aus Bauernhöfen und Autohäusern. Das wird dem Ort nicht gerecht. Aber nein, es hat nen ziemlich grossen Dom! Und die ganze Geschichte dahinter ist interessant und weitgreifend … wenn man auf solche Dinge steht.

Nordende Bardowicker Mühle

Dabei hat Bardowick noch mehr, beispielsweise eine der ganz wenigen Windmühlen, die noch kommerziell in Betrieb sind. Davon gibt es nicht mehr viele. Hier wird immer noch mit Windkraft gemahlen. Wobei rund um Bardowick auch wieder so viele Windkraftanlagen stehen, das zu vermuten ist, das jede Getreidemühle für daheim auch mit mit Windkraft betrieben wird. Aber die sehen halt nicht ansatzweise so gut aus.

Brücken

Ich habe die gestrige Fahrt dazu genutzt, eine recht grosse klaffende Lücke bei Maschen aufzufüllen. Quer durch Wälder gefahren. An Weggabelungen gestanden. Auch wenn man die Strecke vorgeplant hat, ist dort immer das Jucken im Pedal, einfach mal zu gucken, wo man hinkommt, wenn man einfach mal in die andere Richtung abbiegt. Aber das hätte die Planung völlig durcheinander gebracht für den Lückenschluss.

Nordende Gabelung im Wald

Ich habe leider dabei viel zu lange für meinen Geschmack gebraucht, damit mein Kopf auch mal mitbekommt, das ich ich nicht nach einem Gewässer gucken muss, wenn auf dem Display steht „Lohchausee“. Mein Kopf hat das erst mal in „Loh/chau/see“ übersetzt. So richtig geschaltet habe ich erst, als ich „Kleine Lohchausee“ gelesen hatte und mich ernsthaf fragte, ob da nicht ein r fehlt. Ich habe ja den Eindruck, mein Hirn hat früher besser funktioniert.

Nordende A39

Mit fehlen jetzt noch vier Brücken über den nördlichen teil der A39. Brücken? Ja … auch so nen Motivationsding. Ich fahre alleine. Also von daher keine Motivation, in dem einem jemand in den Hintern tritt. Ich bin auch niemand der blind im Kreis fährt. Ein Teil der Motivation sich für 116 km aufs Rad zu setzen sind die Explorertiles, aber auch solche Ziele wie „Alle Brücken über die A39 benutzen“. Klingt komisch, aber fast 60.000 km auf dem Rad in 5 Jahren sprechen ein Stück weit für sich, das das funktioniert.

Hoopte

Die 116 km gestern kamen auch durch einen größe Umweg gestern zustande. Ich bin nicht direkt nach Hause gefahren. Das Wetter war einfach zu schön. Ich bin also wieder zu meinen beiden Lieblingsstellen an der Elbe gefahren. Laßrönne und Hoopte. Ich schrieb ja schon letztens darüber.

Mit blauem Himmel und Wolken sind diese beiden Lieblingsplätze für mich einfach noch mal deutlich schöner.

Fähre Hoopte

Grauer Himmel ist langweilig, blauer Himmel ist langweilig. Einfarbigkeit nimmt dem Blick die Tiefe, nimmt den Blick für die Dimensionen. Deswegen wirken Photos mit Wolken einfach grossartiger.

Elbe Elbe

Alles in Ordnung

Der Radiologe kam nach der Untersuchung noch mal kurz zu mir, um das Ergebnis zu besprechen und mir die Sorgen zu nehmen: Ultraschall hat gelogen, weitermachen. Einige Wochen Sorgen finden ihr Ende. Ich bin beruhigt. Leben wie bisher geht weiter. Der Veränderung entgegen.

Written by

Joerg Moellenkamp

Avid bicyclist, likes california, dreams to combine both.